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Dickdarmkrebs

 

Vortrag vom 25.9.2001

Referenten:
Dr.Christine Kapral, FA. für Interne Medizin
Dr. Friedrich Wewalka, FA. für Innere Medzin

Beide Ärzte sind am KH der Barmherzigen Brüder als GastroenterologInnen tätig.


 

25.09.01

Krebs ist heilbar,wenn er frühzeitig erkannt wird.
Dieser Satz gilt insbesondere für den Dickdarmkrebs


Dies sei vorangestellt: Bei rechtzeitiger Erkennung haben wir heute ausgezeichnete Heilungsaussichten bei dieser Krebsart. Die 5-Jahres-Heilungserwartung eines Patienten mit früh erkanntem Dickdarmkrebs liegt über 80 %.
Trotzdem sterben bei uns jährlich dreimal so viele Menschen an Dickdarmkrebs wie im Straßenverkehr. Nach Schätzungen werden jährlich etwa 16.000 Männer und 20.000 Frauen von Dickdarmtumoren betroffen, ein Fünftel bzw. ein Viertel davon sind jünger als 60 Jahre. Bei tendenziell weiter steigender Erkrankungshäufigkeit kam es zumindest zu einem Stillstand der Sterblichkeitsrate. Diese erfreuliche Verbesserung der Überlebenschance ist vorwiegend auf das frühe Erkennen von Darmkrebs und seiner Vorstadien zurückzuführen.
Derzeit ist der Dickdarmkrebs der zweithäufigste bösartige Tumor bei Mann und Frau. Grundsätzlich ist es möglich, bei konsequenter Anwendung der heutigen Unter-suchungsmöglichkeiten ca. 75 % aller Dickdarmkrebse in einem frühen Stadium zu erfassen und somit die Zahl nicht heilbarer Krebse gegenüber der Zeit von vor 20 Jahren zu halbieren.


Hat die Ernährung etwas mit der Entstehung von Darmkrebs zu tun?

Die Ergebnisse großer epidemiologischer Untersuchungen (Epidemiologie) weisen auf einen Zusammenhang zwischen Ernährungsgewohnheiten und Dickdarmkrebs hin.

Demnach erhöhen fett- und fleischreiche Kost sowie ein niedriger Ballaststoffanteil in der Nahrung das Darmkrebsrisiko. Das Hauptproblem rückblickender Studien liegt darin, daß sich die Lebensgewohnheiten der betrachteten Bevölkerungsgruppen (z.B. Vegetarier im Vergleich zu Personen mit "normalen" Ernährungsgewohnheiten) in vielerlei Hinsicht unterscheiden, so daß es schwierig ist, aus solchen Vergleichen auf einzelne Risikofaktoren zu schließen. Trotzdem kommen Epidemiologen in ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß die Ernährung ein wichtiger Faktor in der Entstehung von Darmkrebs ist. Es konnte aber bisher kein Nahrungsbestandteil wirklich zweifelsfrei als Verursacher eingeordnet werden. Mehr Aufschluß sollen große Studien geben, zum Beispiel die größte europäische Ernährungsstudie EPIC.

Spezifische Empfehlungen zur Änderung der Ernährungsgewohnheiten, sehen vor allem viel Obst, Gemüse und Ballaststoffe auf dem Speiseplan vor (Ernährung in der Prävention).

Kann die Neigung zu Darmkrebs vererbt werden?

In der überwiegenden Zahl der Darmkrebsfälle spielen erbliche Faktoren eine untergeordnete Rolle. Nun gibt es aber bei einem Viertel bis einem Drittel der Patienten bereits Darmkrebsfälle in der Familie. Daraus wird geschlossen, daß eine gewisse Veranlagung für die Erkrankung vererbt werden kann. Dies bedeutet nicht, daß Verwandte von Darmkrebspatienten grundsätzlich ein besonders hohes Erkrankungsrisiko hätten.

Nur in seltenen Fällen liegen erbliche Gendefekte vor, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Darmkrebs zur Folge haben: Die sehr seltene familiäre adenomatöse Polyposis (FAP, Defekt im APC-Gen) ist gekennzeichnet durch das Wachstum von zahlreichen entartungsgefährdeten Polypen im Dickdarm. Ohne Behandlung entwickelt sich immer bereits in jungen Jahren ein Darmkrebs. Eine weitere Form der familiären Darmkrebserkrankung ist das erbliche nichtpolypöse kolorektale Tumorsyndrom (HNPCC). Träger des veränderten Gens (FCC) erkranken meist schon vor dem vierzigsten Lebensjahr an kolorektalen Karzinomen, ohne daß vorher Polypen aufgetreten sind.

Die FAP liegt etwa 1%, ein HNPCC etwa 510% der gesamten Darmkrebserkrankungen zugrunde. Es werden zunehmend genetische Untersuchungen in spezialisierten Zentren eingesetzt, um gefährdete Menschen zu erkennen und rechtzeitig behandeln zu können. Meist wird dann ein Teil des Dickdarms vorbeugend entfernt. Betroffene können sich inzwischen auch im Internet austauschen und Informationen finden.

Auch wenn keine dieser ausgeprägten genetischen Risiken vorliegen, sind Verwandte ersten Grades von Darmkrebspatienten einem zwei- bis dreifach höheren Erkrankungsrisiko ausgesetzt als die übrige Bevölkerung. Daher wird empfohlen, daß Nachkommen von Darmkrebskranken besonders sorgfältig die Möglichkeiten der Früherkennung wahrnehmen.

Wer sollte besonders auf sich achten?

Ein Dickdarmkrebs wächst relativ langsam. Schmerzen verspürt man, wenn überhaupt, meist erst dann, wenn der Tumor die Darmwand durchsetzt. Oft sind dann auch schon Metastasen in anderen Organen vorhanden. Es können Jahre bis Jahrzehnte vergehen, ehe dieser Krebs sich mit so deutlichen Krankheitszeichen bemerkbar macht.

Nach Ansicht von Krebsforschern sind besonders jene Menschen gefährdet, bei denen eine gewisse Veranlagung in der Familie liegt. Da die Neigung zu gut- oder bösartigen Wucherungen der Darmschleimhaut im fortschreitenden Alter zunimmt, sollten spätestens Vierzigjährige ihre Darmgesundheit ernst nehmen. Bei Menschen, die viel Fleisch, viel Fett und allgemein zu viel essen, besteht wahrscheinlich eine höhere Gefährdung, als bei Personen, die sich stärker von Gemüse ernähren, fettarm und ballaststoffreich essen und auf ihr Gewicht achten.

Es gibt auch Darmerkrankungen, die das Krebsrisiko erhöhen. Das sind in erster Linie die kolorektalen Adenome, eine bestimmte Art von Darmpolypen. Diese vielgestaltigen Neubildungen der Darmschleimhaut haben abhängig von ihrer feingeweblichen Beschaffenheit eine unterschiedlich hohe Entartungstendenz. Wenn sie in hoher Anzahl vorkommen, kann es sich um die bereits beschriebene familiäre Polyposis handeln. Auch andere Tumorerkrankungen (Gebärmutter, Eierstöcke, Brust, Blase) und ein früher bereits entfernter Darmtumor bedeuten ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Patienten mit Colitis ulcerosa, einer Dickdarmerkrankung mit chronischen Entzündungen der Schleimhaut, haben mit zunehmender Dauer und zunehmendem Schweregrad ihres Leidens ebenfalls ein deutlich erhöhtes Darmkrebsrisiko. Bei einer weiteren häufigen Form der chronischen Darmentzündung, dem Morbus Crohn, ist das Krebsrisiko nicht so stark erhöht.



Welche körperlichen Zeichen sind verdächtig?

Ein wichtiges Warnzeichen für Darmkrebs ist eine Beimengung von Blut im Stuhlgang. Stellt man solches fest, sollte man auf jeden Fall zum Arzt gehen und die Ursachen klären lassen. Blut im Stuhl kann zwar auch bei gutartigen Erkrankungen auftreten. Man sollte aber auf keinen Fall aufgrund der selbstgestellten Diagnose "Hämorrhoidenblutung" Arztbesuch und eingehende Untersuchung oder aufschieben. Längeranhaltender Blutverlust durch den Darm kann zu Eisenmangelerscheinungen (Anämie) führen.

Verdächtig sind auch ungewollte Gewichtsverluste, Leistungsabfall und allmähliche Änderungen der Stuhlgewohnheiten. Häufigerer Stuhldrang oder ein Wechsel von Verstopfung und Durchfall können erste Anzeichen eines Krebsleidens sein. Bestimmte Veränderungen der Stuhlgangsform, z.B. "Bleistiftstühle" lassen vermuten, daß v.a. im letzten Darmabschnitt eine Engstelle ist, die der Stuhlgang passieren muß.

Welche Untersuchungen gibt es zur Früherkennung von Darmkrebs?

Da frühzeitige Erkennung bei Darmkrebs die Erfolgsaussichten der Behandlung erhöht, bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen ab dem 45. Lebensjahr einmal jährlich eine Früherkennungsuntersuchung des Dickdarms. Dabei tastet der Arzt den Enddarm mit dem Finger auf Schleimhautveränderungen ab (digital-rektale Untersuchung). Außerdem wird eine Stuhlprobe auf nicht-sichtbare (okkulte) Spuren von Blut untersucht (Haemoccult-Test). Der Nachweis von okkultem Blut bedeutet aber nicht grundsätzlich, daß eine Tumorerkrankung besteht. Auch Darmentzündungen, Polypen und andere Faktoren können einen positiven Haemoccult-Test hervorrufen.

Nach den neuesten Richtlinien der WHO von 1995 sollte ab dem fünfzigsten Lebensjahr alle drei bis fünf Jahre eine Endoskopie der unteren Anteile des Dickdarmes (Sigmoidoskopie) durchgeführt werden. Bei Menschen, in deren Familie schon Dickdarmkrebsfälle aufgetreten sind, sollte schon früher (ab dem 35.-40. Lebensjahr) mit Früherkennungsuntersuchungen begonnen werden. An die Möglichkeit von erblichen Tumorsyndromen (FAP und HNPCC) sollte gedacht werden, wenn nahe Verwandte unter 40 Jahren an Dickdarmkrebs erkrankt sind. Mitglieder von Familien mit einer solchen erblichen Belastung sollten wesentlich engmaschiger untersucht werden. Bei diesen Risikogruppen werden schon in jungen Jahren häufige Endoskopien und Haemoccult-Tests durchgeführt.

Was geschieht, wenn Darmpolypen festgestellt werden?

Werden bei einer Untersuchung Darmpolypen gefunden, sollten sie vollständig entfernt werden. Dieser Eingriff kann mit dem Endoskop durchgeführt werden. Das abgetragene Gewebe wird feingeweblich untersucht. Es wird außerdem empfohlen, den Dickdarm sofort und nach drei Jahren in voller Länge endoskopisch zu untersuchen (Koloskopie).